EVP enttäuscht über den Willen zur Macht der Grossparteien

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EVP enttäuscht über den Willen zur Macht der Grossparteien

Der Kantonsrat hat die Motion von EVP-Kantonsrat Jascha Müller abgelehnt, die eine Einführung des doppelten Pukelsheim zur Folge gehabt hätte. Statt sich für ein gerechteres Verfahren bei der Sitzzuteilung einzusetzen, halten fast alle Grossparteien an einem System fest, das kleinere Parteien konsequent benachteiligt.

 

Die von EVP-Kantonsrat Jascha Müller, Andrin Monstein und Daniel Bosshard lancierte Motion «Jede Stimme zählt: Einführung eines gerechteren Sitzzuteilungsverfahrens» sollte die Einführung eines Wahlsystems bewirken, das eine gerechtere Verteilung der Sitze im Parlament auf Basis der Gesamtstimmen einer Partei ermöglicht. Im Gegensatz zum aktuellen Hagenbach-Bischoff-System, das zu Verzerrungen führt, indem grosse Parteien überproportional repräsentiert sind, sorgt der doppelte Pukelsheim für eine gleichmässigere und gerechtere Verteilung der Sitze über alle Parteien hinweg. Leider wurde die Motion an der soeben zu Ende gegangenen Kantonsratssession abgewiesen. Es scheint, dass für die etablierten Grossparteien – mit Ausnahme der SP – das Problem keine Priorität hat, dass Tausende Stimmen bei jeder Wahl vollkommen unberücksichtigt bleiben.

 

Die Regierung erklärt in Ihrer Stellungnahme, dass der doppelte Pukelsheim praktisch nicht nachvollziehbar und daher intransparent sei; zudem könne er zu Verzerrungen bei der Sitzzuteilung auf der Ebene der Wahlkreise führen. Es ist jedoch praktisch sehr wohl nachvollziehbar, dass die Anzahl Sitze im Kantonsrat anhand der Wählerstärke einer Partei im Kanton aufgeteilt wird. Somit ist auch Transparenz gegeben: Pro 0,83 % Stimmenanteil gibt es einen Sitz.

 

Das Argument der Verzerrung ist ebenfalls hinfällig, weil die Verzerrungen im aktuellen System viel stärker ausfallen. Ziel muss es sein, diese Verzerrung zu minimieren. Die Darstellung im Anahng zeigt anhand der letzten Kantonsratswahlen, wie viele Stimmenanteile eine Partei im Vergleich zur stärksten (SVP) benötigt, damit sie einen Sitz im Kantonsrat erhält. Für einen Sitz im Kantonsrat braucht die EVP 1,5-mal mehr Stimmen als die SVP. Es ist bedauerlich, dass weder Regierung noch Kantonsrat bereit sind, diese Verzerrungen zu beseitigen – geschweige denn, sie anzuerkennen.

 

Es ist eine der grossen Errungenschaften der Schweizer Demokratie, dass der Schutz von Minderheiten integraler Bestandteil der politischen Kultur ist – eine Praxis, die auch im Kanton St.Gallen vorbildlich umgesetzt werden sollte. Es bleibt jedoch eine Herausforderung, etablierte Parteien zu überzeugen, über ihren eigenen Machtschatten zu springen und sich für eine fairere Demokratie einzusetzen.

 

Der doppelte Pukelsheim bleibt ein vielversprechendes Verfahren für die gerechte Sitzzuteilung. Trotz einer gewissen Komplexität setzt er grundlegende demokratische Prinzipien um: Er bildet den Wählerwillen am genauesten ab und behandelt ausnahmslos alle Stimmen gleichwertig. Die EVP wird sich weiterhin für ein gerechteres Wahlsystem einsetzen.

 

Ebenso wie wir uns für eine faire Stimmenverteilung einsetzen, kämpfen wir auch für den Schutz der Schwächsten in unserer Gesellschaft. Ein aktuelles Beispiel dafür ist unser Erfolg in der jüngsten Kantonsratssession, in der die EVP eine wichtige Rolle spielte. Kantonsrat Jascha Müller konnte Akzente in der Fraktion setzen: Im Rahmen des Kantonsratsbeschlusses über das Budget 2024 wurde die Regierung beauftragt zu prüfen, wie sie den Menschenhandel verstärkt bekämpfen könnte. Dieser Antrag kam dank der tatkräftigen Unterstützung der Fraktionspartnerin Die Mitte als auch der SP- und der Grünen-Fraktion zustande.

 

Anhang:

Abbildung 1: Durchschnittlich benötigte Stimmenanteile einer Partei, um einen Sitz bei den Kantonsratswahlen 2020 zu erzielen; mit SVP als Referenzwert. (Erzielte Stimmen / Erreichte Sitze, Quelle: www.sg.ch) 

 

Kontakte:

  • Jascha Müller, Kantonsrat EVP St.Gallen, Tel. 079 418 13 03
  • Daniel Bertoldo, Kantonalpräsident EVP St.Gallen, Tel. 079 287 14 33